Lockdown dank Corona – und was jetzt?

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Weltweit hat Corona uns gezeigt, wie schnell es gehen kann: Man arbeitet mit bestem Wissen und Gewissen an den Unternehmenszielen und -visionen – und es braucht nur eine kurze Ausgangssperre oder Ausgangsbeschränkungen, und schon ist man am Limit, wenn nicht gar am Rande des Abgrunds. Verstehen Sie mich nicht falsch: „nur eine kurze Ausgangssperre“ soll nicht heißen, dass ich die Situation kleinreden möchte. Sie hat lange genug gedauert! Doch in Bezug auf die Lebensdauer von Unternehmen sind ein paar Monate doch eigentlich gar nicht so lang. Dennoch hat der Lockdown dafür gesorgt, dass von heute auf morgen der Betrieb in vielen Unternehmen heruntergefahren wurde.

In meinem Unternehmen, das ich gerade leite, hatten wir bisher Glück: In Mailand sind wir zwar mitten in einem der Epizentren der Pandemie, doch unsere Produkte wurden ungebrochen benötigt, weshalb wir unsere Fabrik nicht schließen mussten. Wir sind im Verpackungsgeschäft tätig und produzieren Etiketten für die Lebensmittelindustrie – Spaghetti und Cannelloni braucht man zum Glück auch in Krisenzeiten. Was die nächste Zeit bringen wird, ist dennoch ungewiss.







Die ersten Schritte, wenn die Katastrophe hereinbricht




1. Erste Hilfe

Wenn so ein Lockdown von heute auf morgen verordnet wird, geht es zuerst einmal um eine Art Erste Hilfe. Wenn ein Blitz in ein Haus eingeschlagen hat, schaut man zuerst: Sind alle wohlauf? Wer braucht Hilfe? So ist das auch im Unternehmen. Und es braucht Notfallpläne: Wer springt ein, wenn jemand krank wird?




2. Ruhe bewahren und Mitarbeiter fokussieren

Von Anfang an ist es dabei besonders von Bedeutung, dass wir als Führungskraft Ruhe bewahren und alle in einen geschützten Raum bekommen. Denn viele Mitarbeiter reagieren so, dass sie am liebsten gleich die Flinte ins Korn werfen würden. Die gilt es einzufangen, indem man sie auf das Wesentliche fokussiert. In unserem Fall klingt das beispielsweise so: „Jungs, die Lebensmittelbranche braucht uns. Wenn wir keine Etiketten liefern, gibt es keinen Mozzarella! Ich verstehe, dass ihr Sorgen habt. Doch denkt bitte auch daran, dass wir eine größere Verantwortung haben. Ihr seid gefragt, denn wenn unsere Firma nicht überleben kann, haben wir alle keinen Job mehr!“

Eine zweite Motivationsstrategie habe ich mir von einem meiner bevorzugten Vorbilder in Sachen Führung abgeschaut: dem Polarforscher Shackleton. Was hat er gemacht, als er wochenlang im Packeis feststeckte? Er hat sämtliche Geburtstage feiern lassen und die Leute aufs Eis zum Fußballspielen geschickt! Und so bemühte auch ich mich um sinnvolle Ablenkung. Und noch etwas: Ich habe jene, die im Homeoffice arbeiteten, regelmäßig angerufen und sie nach ihrem Befinden und dem ihrer Familie erkundigt.

Sie fragen sich vielleicht, warum ich zuerst auf die Mitarbeiter und erst dann auf die Finanzen schaue. Ganz einfach: Ohne Mitarbeiter läuft gar nichts, da kann ich die Finanzen gleich zu Grabe tragen. Meine Mannschaft ist für mich zentral!




3. Prioritäten setzen: Überleben sichern

In meinem Buch habe ich über die Herausforderung geschrieben, Vision und Tagesgeschäft gleichzeitig im Auge zu behalten und situationsabhängig mal dem einen, mal dem anderen mehr Priorität zu geben. Nun, wenn eine Krise hereinbricht, macht es wenig Sinn, sich über Visionen Gedanken zu machen. Wenn Sie Ihren Mitarbeitern verkünden würden, dass Sie über das Übermorgen nachdenken, werden sich die an den Kopf greifen. „Der tickt doch nicht richtig“, werden sie denken, „wir verbluten heute, und der denkt an übermorgen!“

Als der Lockdown kam, wollte unsere Mutter-Organisation noch ein bereits geplantes Strategiemeeting via Zoom abhalten. Ich habe abgewunken. Denn wir hatten weitaus Wichtigeres zu tun, nämlich:




4. Den Cashflow unter die Lupe nehmen

Wenn ein Verletzter in kurzer Zeit viel Blut verliert, achten die Ärzte darauf, mit Infusionen seinen Blutkreislauf stabil zu bekommen. Auf uns Führungskräfte übersetzt heißt das: Wie viele Geld verlieren wir in welcher Zeit? Werden wir verbluten? Wie viel Geld haben wir zur Verfügung und wie lange kommen wir damit aus?

Damit geht auch einher zu fragen: Was können wir auf Standby stellen, um Geld zu sparen, bis die Lage klarer wird? Ich habe mich mit Finanzierungsfragen herumgeschlagen, Bankengespräche geführt.




5. Kundenkontakt aufrecht erhalten

Und ich habe unsere Hauptkunden angerufen aus zweierlei Gründen: Erstens ist gerade in solchen Zeiten die Beziehungspflege von besonderer Bedeutung. Zweitens gibt es für beide Seiten wichtige Dinge zu klären, und ich wollte erfahren, wie viele unserer Kunden zahlen können. Ich habe mit unseren Kunden also regelmäßig telefoniert und übers Geschäft geredet: Wie geht es euch? Zahlen eure Kunden? Was könnte auf uns noch alles zukommen?

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